Seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine vor einem Jahr sind mehr als zehn Millionen Menschen sind zu Geflüchteten und Asylbewerbern geworden, Zehntausende sind gestorben und ganze Städte wurden von der russischen Armee dem Erdboden gleichgemacht. In den von Russland besetzten Gebieten wird systematisch ein Völkermord verübt. Ukrainer werden in Filtrationslager geschickt und in abgelegene Regionen der Russischen Föderation (RF) zwangsdeportiert.
Russland greift täglich zivile Objekte, Häuser und öffentliche Plätze abseits der Frontlinien an, um die Bevölkerung der Ukraine zu demoralisieren und einzuschüchtern.
Warum braucht Russland diesen Krieg?
Das politische Regime in Russland: Ressentiments, Expansion und Militarismus als ideologische Grundlagen
Es ist fast unmöglich, die militärische Invasion in der Ukraine am 24.02.02 und den Kriegsausbruch 2014 im Rahmen einer ökonomischen Logik zu erklären.
Selbst wenn man die Sanktionen außer Acht lässt, bringen die Militäraktion und die Besetzung der ukrainischen Territorien Russland nur schwere Verluste. Die Invasion könnte Russland wirtschaftlich so weit schwächen, dass die Existenz des Staates in Frage gestellt wird.
Die Verschwörungstheorien zur “Verhinderung der NATO-Osterweiterung” halten keiner Überprüfung stand. Der Ausbruch des Krieges im Jahr 2014 hat die NATO-Länder nur zusammengeführt und 2022 zum Nato-Beitritt der direkt an Russland grenzenden Länder Schweden und Finnland geführt.
Der Grund für den Einmarsch ist politischer und ideologischer Natur.
Nach den turbulenten neunziger Jahren und den Experimenten der frühen 2000er Jahre haben sich der staatliche ideologische Apparat und die gesamte politische Kultur Russlands um mehrere Ideen herum kristallisiert: die Machtakkumulation in einem Zentrum, Expansion, die Exklusivität oder Auserwähltheit der Russen, Revanchismus und Ressentiment.
Diese Ideen sind nicht neu. Im Gegenteil, sie haben die Kultur Russlands schon immer durchdrungen, so dass man sich auf sie wie auf traditionelle Ideen stützen kann. Der Einfachheit halber wollen wir diese Ideen als das russische imperiale Projekt bezeichnen. Es lässt sich darüber streiten, ob und inwieweit es in der russischen Kultur Elemente der Opposition zu diesen Ideen gibt.
Gegenwärtig gibt es in Russland keine ausgearbeitete, artikulierte und sichtbare Alternative zum imperialen Projekt.
Die russische Führung hat den Krieg traditionell als Instrument der Innenpolitik eingesetzt. Jelzin versuchte, durch den Ersten Tschetschenienkrieg seine Umfragewerte zu verbessern und seine Macht zu festigen, nachdem er das Parlament ausgeschaltet und die Verfassung von 1993 geändert hatte. Putin kam an die Macht, indem er auf eine militaristische Mobilmachung und den Ausbruch des Zweiten Tschetschenienkriegs setzte. Auch der zweite Tschetschenienkrieg wurde revanchistisch interpretiert – als Rückkehr zur Größe, wenn auch in sehr kleinen Schritten. Nach einer Reihe politischer und wirtschaftlicher Probleme gelang es erst mit der Annexion der Krim und dem Krieg mit der Ukraine im Jahr 2014, die russische Gesellschaft um Putins Regime zu vereinen.
Die Ukraine, eine ehemalige Kolonie Russlands, kämpft nicht nur für politische Unabhängigkeit, sondern macht auch die Möglichkeit alternativer politischer Projekte und einer radikal anderen politischen Kultur in Räumen sichtbar, die einst Teil des Imperiums waren. Durch ihre bloße Existenz und etwaige Erfolge stellt sie die Notwendigkeit und damit die Legitimität des russischen Projekts in Frage, das außerhalb des imperialen Rahmens nicht denkbar ist.
Der russische Staat und seine Akteure haben ständig auf der Künstlichkeit der ukrainischen Identität beharrt und der Notwendigkeit betont, den Ukrainern ihre politische Subjektivität zu nehmen. Der gegenwärtige Völkermord ist die logische und materielle Verkörperung dieses Gedankenguts.
Dies ist nicht der erste Völkermord in der russischen Geschichte, und wenn Russland nicht gestoppt wird, wird es wohl auch nicht der letzte sein.
Russland ist Krieg. Solange der russische Staat existiert, wird er sich im Krieg befinden oder sich auf einen neuen Krieg vorbereiten.
Welche Rolle spielt Russland in der Region?
Russland bremst jeden positiven Wandel in der Region. Je weniger Einfluss es hat, desto mehr Hoffnung besteht auf einen emanzipatorischen Wandel.
Die Russische Föderation (RF) versucht nicht nur, so viele Regionen und Länder wie möglich wirtschaftlich von sich abhängig zu machen, sondern pflegt auch konsequent eine politische Kultur, die ihrer eigenen entspricht: patriarchalische Einstellungen, Frauenfeindlichkeit, Homophobie, Nationalismus der “staatsbildenden” Nation und Autokratie.
Die staatlichen Strukturen und Unternehmen Russlands unterstützen rechtsextreme und häufig prorussische Bewegungen und Regime nicht nur im Kaukasus, in Zentralasien und Osteuropa, sondern auch weltweit. Die russische Armee ist an der blutigen Niederschlagung von Protesten in Nachbarländern beteiligt. Wie schon im 19. Jahrhundert spielt Russland “Gendarm Europas”, allerdings mit weitaus geringeren Kapazitäten.
Russland rückt immer weiter nach rechts und militarisiert alles, was es berührt. Russland blockiert jeden positiven Wandel in der Region. Je weniger Einfluss es hat, desto mehr Hoffnung besteht auf einen emanzipatorischen Wandel.
Welche Möglichkeiten hat die Russische Föderation (RF)?
Die Russische Föderation (RF) ist ein wirtschaftlich schwacher und abhängiger Staat
Russland ist heute in der Lage, in bestimmten Wirtschaftsbereichen einige Durchbrüche zu erzielen, aber es ist nicht in der Lage, die Ergebnisse aufrechtzuerhalten und sie ohne direkte ausländische Hilfe weiterzuentwickeln. Selbst die Rohstoffindustrie ist in hohem Maße von westlicher Technologie und Ausrüstung abhängig.
Export und Deviseneinnahmen werden vollständig von Energierohstoffen dominiert.
Westeuropa ist seit Anfang der 1980er Jahre Hauptabnehmer russischer Energieressourcen. Die wichtigsten Lieferwege sind Gas- und Ölpipelines. Die größten Importeure von russischem Öl und Gas haben diese nicht aufgegeben, sondern befinden sich in einer Abhängigkeit, die sie nun dringend angehen müssen. 2021 lieferte Russland der EU 40 Prozent des Erdgasbedarfs, wobei Deutschland der größte Importeur war, gefolgt von Italien und den Niederlanden.
Offiziell bemühen sich die EU-Staaten zunehmend um den Import von verflüssigtem Erdgas (LNG) per Tanker von Produzenten wie den USA und Katar, doch in Wirklichkeit kehrt das russische Gas unter Beteiligung von Aserbaidschan und der Türkei nach Europa zurück.
Russisches Gas kehrt nach Europa zurück, wobei Aserbaidschan und die Türkei beteiligt sind.
Die Europäische Kommission hat ein Memorandum mit Aserbaidschan unterzeichnet, das eine Verdoppelung der aserbaidschanischen Erdgasimporte auf mindestens 20 Milliarden Kubikmeter pro Jahr bis 2027 vorsieht. Um ihre eigenen Sanktionen zu umgehen, schließt die EU ein Abkommen mit einem anderen autoritären Regime, das die Menschenrechte in seinem eigenen Land verletzt und sein Nachbarland Armenien angreift.
Doch woher soll das Gas eigentlich kommen?
Die entscheidende Infrastruktur, die für die Förderung und den Transport von Gas aus dem Kaspischen Meer nach Europa benötigt wird, befindet sich im gemeinsamen Besitz von Lukoil, einem russischen Öl- und Gasriesen mit engen Verbindungen zum Putin-Regime. Lukoil ist einer der drei größten Steuerzahler Russlands. Allein im Jahr 2019 zahlte das Unternehmen mehr als 200 Milliarden Dollar an Steuern. Lukoil gehört auch zu den Unternehmen auf der US-Sanktionsliste.
Das Unternehmen ist seit 1994 im aserbaidschanischen Öl- und Gassektor tätig. In den frühen 2000er Jahren konzentrierte es seine Bemühungen in Aserbaidschan auf die Erschließung der Erdgasfelder von Schah Denis, die zu den größten der Welt gehören.
Wenige Tage vor der russischen Invasion in der Ukraine schloss Lukoil ein Geschäft zum Erwerb der Anteile des malaysischen Ölkonzerns Petronas an Schah Denis für 1,45 Milliarden Dollar ab, wodurch sich sein Anteil am Projekt von 10 auf 19,99 Prozent erhöhte und das Unternehmen zum zweitgrößten Aktionär nach British Petroleum (BP) wurde.
Und das ist noch nicht alles.
Der russische Energieriese Gazprom hat mit der Lieferung von Erdgas an Aserbaidschan begonnen. Gazprom teilte mit, dass es einen neuen Vertrag zwischen der aserbaidschanischen staatlichen Ölgesellschaft SOCAR und Gazprom über Erdgaslieferungen nach Aserbaidschan unterzeichnet hat.
Die Lieferungen im Rahmen des Abkommens begannen am 15. November und werden bis März 2023 andauern. Das Gesamtvolumen beträgt bis zu 1 Milliarde Kubikmeter Gas bis März 2023.
Auf diese Weise ermöglicht die Europäische Union Russland, die Sanktionen zu umgehen und den Krieg in der Ukraine fortzusetzen, und unterstützt die aggressiven Strategien der autoritären Regime im postsowjetischen Raum und im Nahen Osten.
Nach den Explosionen in der Ostsee überredete Putin Erdogan, mehr russisches Gas durch die Türkei zu pumpen, um die Schäden zu kompensieren und Lieferungen aus den beiden Nord Stream-Pipelines umzuleiten.
Ankara und Moskau vereinbarten im September Erdgaslieferungen künftig in Rubel zu bezahlen.
Am 29. September 2022 führten Putin und Erdogan Gespräche über eine mögliche Ausweitung der Verkäufe von militärischen Verteidigungssystemen durch Moskau an Ankara, trotz Einwänden der USA.
Am 19. November 2022 ordnete Erdogan die Operation „Klauenschwert“ im Irak und in Syrien an und begann mit der Bombardierung der PKK.
Mehr als die Hälfte aller russischen Rohölexporte im Jahr 2021 entfiel auf europäische Länder.
Die EU-Länder stoppten die Einfuhr von russischem Rohöl auf dem Seeweg und verhängten ab Februar 2023 ein Einfuhrverbot für Mineralölprodukte. Auch die Vereinigten Staaten stoppten alle Einfuhren von russischem Öl. Großbritannien hat sich verpflichtet, die Einfuhr von russischem Öl bis Ende 2022 vollständig einzustellen.
Eine Reihe von Ländern ist jedoch weiterhin stark von Russland abhängig. Die Daten für September 2022 zeigen die Slowakei und Ungarn an der Spitze der Liste.
Indien und China sind inzwischen die größten Abnehmer von russischem Öl zu einem stark verbilligten Preis (Mitte Dezember lag der Preisnachlass für Ural-Öl bei knapp 30 $ pro Barrel). Auch andere Länder haben sich den Preisnachlass für russisches Öl zunutze gemacht, so z. B. Sri Lanka, das sich in einer schweren Wirtschaftskrise befindet. Auch Pakistan verhandelt mit Russland über den Kauf von Erdöl zu einem günstigeren Preis, obwohl noch keine Einigung erzielt wurde.
Um die Exporte in die asiatischen Länder umzuleiten, muss Infrastruktur – zumindest Pipelines und eine ganze Handelsflotte – aufgebaut werden. Zu diesem Zweck wird die Amur-Gasverarbeitungsanlage und das Kovykta-Feld in der Region Irkutsk, ein neuer Teil des Kovykta-Tschajanda-Abschnitts der „Kraft Sibiriens“ Erdgaspipeline, in Betrieb genommen. Die Trasse wird über 3.000 Kilometer lang sein und eine geplante Kapazität von 27 Milliarden Kubikmetern Gas pro Jahr haben. Unter diesem Link kann man die Jahreskapazität der russischen Erdgasexportpipelines von 2021 betrachten.
Unter günstigsten Bedingungen wird die Fertigstellung dieser Pipeline Jahre dauern. Billigeres Öl begünstigt den Fluss nach Asien, aber die Umleitung von Öl an die EU wäre für Russland teurer, zeitaufwändiger und beschwerlicher.
Da sich die Gaspreise bis zum Herbst 2022 auf einem Rekordhoch befanden, konnte Russland weiterhin reichlich Deviseneinnahmen erzielen. Die Autoindustrie hat ihre Produktion bereits vollständig eingestellt, während andere Industriezweige mit den zuvor angelegten Vorräten arbeiten, die nicht mehr lange reichen werden. Bislang ist es Russland gelungen, einen wirtschaftlichen Zusammenbruch aufgrund der Sanktionen und des Rückzugs wichtiger Produzenten vom Markt zu vermeiden, doch wenn die Sanktionen und der Boykott weitergehen, wird dies nicht lange der Fall sein.
Obwohl der Preis für russisches Rohöl attraktiv ist, haben die indischen Raffinerien ein Problem bei der Finanzierung der Käufe, da die Sanktionen gegen russische Banken den Zahlungsverkehr beeinträchtigen.
Eine von Indien in Erwägung gezogene Option war ein auf lokalen Währungen basierendes System, bei dem die indischen Exporteure in Rubel statt in US-Dollar oder Euro und die Importe in Rupien bezahlt würden. Daraus ist jedoch nichts geworden.
Chinas staatliche Ölunternehmen verwenden jedoch zunehmend den Renminbi statt des Dollars zur Finanzierung ihrer Öleinkäufe.
Im Bereich der Kernenergie, in dem Russland der größte globale Akteur ist, wurden bisher keine Sanktionen verhängt. Kacper Szulecki und Indra Overland vom Norwegischen Institut für Internationale Politik veröffentlichten in der Fachzeitschrift Nature Energy eine Analyse der Vorgänge in diesem Bereich.
“Rosatom” ist der führende Anbieter auf dem Kernenergiemarkt und kontrolliert 38 % der weltweiten Uranproduktion und 46 % der Urananreicherungskapazitäten. Die wichtigsten Konkurrenten Russlands im Bereich der Kernenergie sind China, Frankreich, Japan, Südkorea und die Vereinigten Staaten, die zusammen etwa 40 % des Marktes ausmachen. Seit der Invasion hat das tschechische Energieunternehmen CEZ Verträge mit der US-amerikanischen Westinghouse Electric Company und dem französischen Unternehmen Framatome über die Lieferung von Kernbrennstoff unterzeichnet, und das finnische Energieunternehmen Fortum hat sein Kernreaktorprojekt mit Rosatom abgebrochen und Westinghouse mit der Entwicklung, Lizenzierung und Lieferung eines neuen Brennstofftyps für sein Kernkraftwerk Loviisa beauftragt. Bulgarien, Polen, Spanien, die Slowakei und Ungarn haben ebenfalls ähnliche Vereinbarungen getroffen, aber viele Verträge mit Rosatom sind noch in Kraft.
Trotz seiner enormen Größe und seines Reichtums an natürlichen Ressourcen ist Russland nicht in der Lage, sich ohne wirtschaftliche Beziehungen zu westlichen Ländern auf Dauer über Wasser zu halten.
MILITÄRISCH-INDUSTRIELLER KOMPLEX
Russisches militärisches Potenzial, militärische Verluste und Rückflüsse
Der russische militärisch-industrielle Komplex ist der direkte Erbe des sowjetischen. In den letzten 30 Jahren wurden nur sehr wenige neue Waffen in die Massenproduktion aufgenommen. Der russische militärisch-industrielle Komplex befasst sich hauptsächlich mit der Reparatur, Unterstützung und Aufrüstung der in der Sowjetzeit produzierten Waffen.
Die Produktionskapazität des militärisch-industriellen Komplexes ist äußerst gering.
Der russische militärisch-industrielle Komplex ist in hohem Maße von Lieferungen aus dem Westen abhängig. Selbst wenn man sich vorstellt, dass China plötzlich seine Politik ändert, ist es entweder schwierig oder unmöglich, die Lieferungen durch Gegenstücke zu ersetzen. Es könnte Jahre dauern, bis die gleichen Maschinen und Produktionslinien ersetzt werden. Auf die eine oder andere Weise werden sie Wege finden müssen, die Sanktionen zu umgehen.
Selbst eine militärische Mobilisierung der Wirtschaft würde eine Neuordnung der Lieferketten sowie der Wartung und der Komponenten für westliche Maschinen erfordern. Eine Modernisierung ohne importierte, d.h. westliche, Komponenten ist in den meisten Fällen ebenfalls unmöglich.
Die Korruption ist in Russland in allen Sektoren weit verbreitet, aber die Militärindustrie ist offensichtlich eine der korruptesten. Anders als in den Vereinigten Staaten gibt es in Russland kein umfassendes Netz von Auftragnehmern für den militärisch-industriellen Komplex. Die Aufträge werden innerhalb großer Betriebe und Unternehmen nicht transparent verteilt. Auch die Kontrolle über die Auftragsabwicklung ist tief in den Eingeweiden einer schwerfälligen und undurchsichtigen Maschinerie vergraben. Dies ist ein ideales Umfeld, um Vorgesetzte hinters Licht zu führen und Budgets anzueignen. Im letzten Frühjahr gab es sogar Gerüchte, dass die Generäle, die die Militärarsenale gestohlen hatten, an der Kriegsführung interessiert seien.
Trotz der Tatsache, dass die Russische Föderation (RF) an der Spitze der Waffenhändler auf dem Weltmarkt steht, ist der russische militärisch-industrielle Komplex unrentabel und benötigt ständig riesige Finanzspritzen.
Der russische militärisch-industrielle Komplex ist jedoch praktisch nicht in der Lage, moderne Waffen und Komponenten überhaupt in nennenswerten Mengen zu produzieren. Dies gilt insbesondere für Drohnen, sichere Kommunikation, Mikroelektronik und selbst produzierte Lenkwaffen.
Die bekannte, in Moskau hergestellte Drohne Orlan 10 beispielsweise ist auf eine komplexe Lieferkette angewiesen, die weit über Russland hinausreicht.
Eine kürzlich von russischen Medien, Reuters und iStories in Zusammenarbeit mit dem britischen Königlichen Institut der Vereinigten Streitkräfte für Verteidigungs- und Sicherheitsstudien (RUSI) durchgeführte Untersuchung deckte eine Logistikkette auf, die sich über den ganzen Globus erstreckt und am Orlan-Produktionsband im Spezialtechnologiezentrum (STC) in St. Petersburg endet.
Finanzunterlagen, Zolldaten, Gerichtsakten, russische Unternehmensdokumente und verschiedene andere öffentliche Quellen deuten darauf hin, dass viele dieser importierten, im Westen hergestellten Artikel wahrscheinlich von der Firma SMT-iLogic im Auftrag von STC mit Sitz in St. Petersburg gekauft wurden, das von der US-Regierung erstmals im Dezember 2016 wegen Unterstützung der russischen Einmischung in die US-Präsidentschaftswahlen 2016 sanktioniert wurde.
Das Unternehmen Spezialtechnologiezentrum STC, der russische Militärhersteller der Drohne Orlan-10 UAV1, hat seit dem Beginn der umfassenden Invasion in der Ukraine die Einfuhren wichtiger Komponenten aus westlicher Produktion drastisch erhöht.
Nach Angaben von RUSI sind in der Orlan-Drohne Komponenten von Altera und Xilinx aus den USA, Texas Instruments, Microchip Technology, Analog Devices, Linear Technology, STMicroelectronics und NXP Semiconductors aus Europa, Renesas Electronics und Saito Seisakusho aus Japan verbaut.
Derzeit besteht Grund zu der Annahme, dass der russische militärisch-industrielle Komplex in Anbetracht der in seinen Lagerbeständen angesammelten Ressourcen noch einige Zeit weiterarbeiten kann. In Anbetracht der Art der Feindseligkeiten und der ungeheuerlichen bestätigten Verluste an Ausrüstung kann dies jedoch nicht lange anhalten.
Die Streitkräfte der RF
In den letzten Jahrzehnten hat die russische Armee nur mit kleinen, schlecht bewaffneten und/oder unprofessionellen Gegnern direkte Kämpfe ausgetragen. Ihr “militärisches Potenzial” für ein Zusammentreffen mit einer Armee, die mit der der Ukraine vergleichbar ist, wurde auf der Grundlage von Daten eingeschätzt, die schwer zu überprüfen und zu bewerten sind. Lediglich die Fakten über Massaker an der Zivilbevölkerung und die generelle Missachtung jeglichen humanitären Rechts ließen sich leicht beurteilen.
Die Truppen der Russischen Föderation (RF) wenden nach wie vor eine die Taktik der Feuerwalze an, die eine große Zahl von Opfern und Zerstörungen bedeutet. Die russischen Streitkräfte verfügen einfach nicht über genügend Präzisionswaffen und ausgebildete Kämpfer, um komplexe Operationen durchführen zu können. Sie werden Kriegsverbrechen begehen, nicht nur, um die Ukrainer einzuschüchtern, sondern auch, weil sie einfach nicht wissen, wie sie anders kämpfen sollen.
In der RF läuft die Mobilmachung, Söldner von privaten Sicherheits- und Militärunternehmen spielen eine immer größere Rolle, und in den besetzten Gebieten der Ukraine wird jeder in die Reihen der so genannten Miliz zwangsrekrutiert. Die Mobilisierung in russischen Gefängnissen ist aktiv im Gange.
Ab Dezember 2022 ist das von Jewgeni Prigoschin vertretene private Militärunternehmen „Wagner“ bereit, Frauen aus den Kolonien zu rekrutieren und begründet dies mit den Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs.
Selbst diejenigen, die aus Überzeugung in den Kampf gezogen sind, protestieren gegen die grausamen Bedingungen und die mangelnde Bewaffnung und Ausbildung des Personals, bis hin zur Androhung von Aufständen. Es gibt auch Fälle von Desertion.
Gibt es in Russland Kräfte, die den Krieg beenden könnten?
Interne Impulse. Die Opposition, die Regionen, das Kapital und die Nomenklatura.
Die außerhalb des offiziellen politischen Systems stehende russische Opposition besteht im Moment nur aus echten oder potenziellen Revanchisten. Ihnen geht es mehr um den Kampf um die Macht als um Antikriegsaktivitäten.
Alle Ebenen wurden Personen aus der Politik herausgehalten, die geeignet gewesen wären, Anhänger zu gewinnen und ihre Chefs durch Intrigen oder interessantere Mittel, wie Proteste, hätten in Gefahr bringen können. Loyalität und Untätigkeit wurden belohnt, was sich nur selten mit Kompetenz und Risikobereitschaft vereinbaren lässt, die selbst für den schäbigsten Staatsstreich erforderlich wären.
Die parlamentarischen Parteien sind keine unabhängigen politischen Kräfte. Ihre Rolle ist rein dekorativ. Eine entwickelte, unabhängige Gewerkschaftsbewegung gibt es in Russland nicht.
Konsumniveau, Entpolitisierung und öffentlicher Konsens in Russland
Nicht nur die staatlich kontrollierten Medien und Kultureinrichtungen unterstützten den staatlichen Konsens der “Rückkehr zu Größe und Macht”, sondern auch oppositionelle Kräfte. Größe und Macht konnten unterschiedliche Bedeutungen haben, bedeuteten aber immer auch Expansion. Die landesweite Euphorie von 2014 führte zur endgültigen Marginalisierung der wenigen, die sich dagegen aussprachen.
Die Liberalen lehnten die Idee des Krieges nicht gänzlich ab, sondern argumentierten lediglich, dass er ineffektiv sei und die Gefahr eines “Entwicklungsrückschlags” und eines “Bruchs mit der zivilisierten Welt” berge. Sie bevorzugten die Idee der “sanften Gewalt” und der wirtschaftlichen Expansion.
Die organisierte autoritäre Linke distanzierte sich nie vollständig von der Rechten und insbesondere vom Imperialismus. Selbst wenn sie die Idee der Expansion der „russischen Welt“ nicht ausdrücklich unterstützten, vertraten sie doch meist die Idee “Die russische Welt ist besser als die NATO”.
Keiner der angesehenen oder einflussreichen Oppositionellen ist bereit, die Idee eines Großrusslands oder das russische Projekt im Allgemeinen aufzugeben. Der bekannteste von ihnen, Nawalny, erlangte seine Bekanntheit zunächst im rechtsextremen Flügel und hat seine imperialen Ambitionen nie öffentlich dementiert. Auch wenn einige Akteure bereit sind, die imperialen Tendenzen abzuschwächen und zu reduzieren, sind Ideen der Entmilitarisierung und Föderalisierung nicht sonderlich populär.
Mehrere Gruppen russischer Oppositioneller gründen “Vertretungsbüros” im Ausland, um die Interessen der “guten Russen” zu vertreten, ihre Machtansprüche zu formalisieren und symbolische und finanzielle Ressourcen zu sichern. Doch diese “Opposition” vertritt niemanden außer sich selbst.
Staatsbeamte/offizielle Politiker und Sicherheitskräfte/Militär
Das gesamte politische System der RF ist Putin und seinem engsten Kreis untergeordnet.
Die “offiziellen” Politiker und Regierungsbeamten hätten versuchen können, mehr Macht zu erlangen. Da aber Wahlen auf allen Ebenen de facto beseitigt wurden, sind nur noch einige wenige Berufspolitiker übriggeblieben. Das Militär wird in Russland nicht als Teil der Elite betrachtet, da es ihm sowohl an Autorität als auch an politischer Erfahrung fehlt. Ihr Status ist viel niedriger als der der Staatsbeamten.
Ähnlich wie das Militär scheinen auch die Sicherheitskräfte (allen voran die FSB) nicht daran interessiert zu sein, Putin zu stürzen, von dem ihre privilegierte Stellung abhängt. Es gibt keinen Grund, von ihnen zu erwarten, dass sie den Krieg beenden.
Grad der Unabhängigkeit des Großkapitals in der RF, Wahrscheinlichkeit von Antikriegsaktionen der Kapitalisten
Offensichtlich kann man in der RF das Kapital nur halten und vermehren, wenn man der Vertikalen der Macht gegenüber loyal ist. Wichtige Vermögenswerte wurden (teilweise) verstaatlicht und in Staatsunternehmen umgewandelt (Russische Eisenbahnen, Inter RAO UES, Gazprom, Rosatom, Russische Post), so dass die Großkapitalisten eher als Manager denn als EigentümerInnen betrachtet werden können. Unternehmen jeder Größenordnung können gezwungen werden, an einen anderen EigentümerInnen verkauft zu werden, und untreue Kapitalisten riskieren, sowohl ihr Geld als auch ihre Freiheit zu verlieren. Die Interessengruppen sind alle von Moskau abhängig, ohne jegliche Macht.
Es muss etwas Außergewöhnliches geschehen, damit die Wirtschaftsmächte aus dem Inneren des Systems den Krieg beenden können. Im Moment sind die Chancen dafür gering.
Gesellschaft, Medien und Sanktionen
Putin kam während einer Wirtschaftskrise und mit einer Bevölkerung mit sehr niedrigen Erwartungen an Wirtschaft und Politik an die Macht.
Der wirtschaftliche Aufschwung durch die steigenden Preise für fossile Brennstoffe ermöglichte es seinem Regime, die Rhetorik der “Stabilität” und der “Rückkehr zur Größe” zu nutzen.
Wirtschaftliche Stabilität” wurde somit auch Teil des öffentlichen Konsenses. Politische Liberalisierung wurde mit wirtschaftlicher und politischer Instabilität in Verbindung gebracht (daher die Propagandadrohung “Wollt ihr, dass es so wird wie in der Ukraine?”). Diese Assoziation muss nicht nur wiederlegt, sondern vom Kopf auf die Füße gestellt werden.
Militarismus und Revanchismus in Russland durchdringen alle Poren der Gesellschaft und definieren ein Repertoire an akzeptablem Verhalten.
Nach 2014 gab es im Bereich der Kulturproduktion und in politischen Gruppen verschiedene gruppenübergreifende Konflikte im Zusammenhang mit dem Krieg gegen die Ukraine, aber diese Fragen verloren bald an Bedeutung und traten für die Mehrheit der Aktivisten in den Hintergrund. Es fand weder eine gezielte kritische Auseinandersetzung mit dem “russischen Projekt” noch eine Distanzierung von dessen Apologeten statt.
Es gibt genügend Gründe für die Annahme, dass der Krieg ohne wirtschaftliche Probleme und andere Bedrohungen des gewohnten Komforts völlig unbemerkt bleiben könnte, so wie es beim Krieg gegen Syrien der Fall war.
Nach dem 24.2. führt die russische Gesellschaft ihr “normales Leben” fort. Nur eine schwere wirtschaftliche Katastrophe oder der Verlust des Sicherheitsgefühls würde den Russen bewusst machen, dass der Krieg im Gange ist. Selbst die breite Mobilmachung hat das Gefühl der Normalität nur erschüttert, aber nicht gebrochen.
Antikriegsprotest, können wir hoffen?
In Russland gibt es Antikriegsproteste, aber nur wenige sabotieren die Kriegsmaschinerie direkt. Die meisten Anti-Kriegs-Aktivitäten sind symbolisch und entfalten sich in den Medien.
Nach dem 24.02.2022 gab es eine Reihe von Anti-Kriegs-Protesten im ganzen Land. Sie waren zahlenmäßig gering und weitgehend unorganisiert. Während in den besetzten Gebieten der Ukraine die Menschen mit bloßen Händen Panzer aufhielten, gingen in Russland Aktivisten mit Plakaten auf die Straße und leisteten keinen Widerstand, als sie sofort festgenommen wurden.
Es wurde schnell klar, dass kleine Straßenproteste wirkungslos waren und schnell im Sande verliefen. Der eher träge Teil der Gesellschaft normalisierte den Angriff auf das Nachbarland. Aktivisten, die Opposition und viele, die in der Russischen Föderation (RF) geblieben waren, waren demoralisiert, während einige sich Guerillataktiken zuwandten.
Die Situation begann sich im September nach der Ankündigung der Mobilmachung zu ändern. Die Bewohner Tschetscheniens, Dagestans und der Republik Sacha-Jakutien leisteten aktiven Widerstand und gingen auf die Straße, um sich den Sicherheitskräften direkt entgegenzustellen. Auch in den zentralen Städten kam es wieder zu Kundgebungen, die jedoch ebenfalls schlecht organisiert waren und von der Polizei leicht unterdrückt werden konnten.
Seit dem Beginn der Invasion sind interne und externe Initiativen entstanden, die sich humanitären Aktivitäten und der Organisation der Logistik für die aus der Ukraine auf russisches Territorium zwangsumgesiedelten Menschen widmen.
Diese Initiativen sind fast unsichtbar, da sie unter Androhung von Strafverfolgung durch die russische Regierung nicht öffentlich agieren. In einigen Fällen sind sie jedoch gut organisiert und effektiv.
Interne und externe humanitäre Projekte unterstützen zweifellos die ukrainische Gesellschaft und beeinflussen indirekt die Fähigkeit, die russische Invasion zu bekämpfen.
Einige Gruppen setzen ihre Menschenrechtsarbeit fort, indem sie Antikriegsaktivisten, politische Gefangene und Aktivisten unterstützen, die die Kriegsmaschinerie direkt sabotieren, auch durch direkte Aktionen (Brandstiftung, Sprengsätze).
Feministische Menschenrechtskoalitionen haben sich gebildet, um all jenen zu helfen, die sich der Mobilmachung entziehen wollen, einschließlich der Wehrpflichtigen, die zwangsweise in den Krieg geschickt wurden, der Deserteure und derjenigen, die ihren Verpflichtungsvertrag zum Militärdienst beenden wollen.
Es gibt individuelle und kollektive symbolische Aktionen im Lande, deren Auswirkungen auf die Gesamtsituation schwer einzuschätzen sind. Diese Aktionen machen deutlich, dass der Krieg nicht von der gesamten Bevölkerung vorbehaltlos unterstützt wird, aber es ist nicht klar, wie sich diese Erkenntnis auf die Situation hier und jetzt auswirken kann.
Brandanschläge auf Wehrkreiskommandos, die seit der Ankündigung der Mobilmachung häufiger geworden sind, gab es an vielen Orten in Russland.
Einige Gruppen und möglicherweise auch Einzelpersonen betreiben direkte Sabotage der Infrastruktur. Sie greifen den wichtigsten und gleichzeitig ungeschützten Teil der militärischen Infrastruktur an – die Logistik. Die überwiegende Mehrheit der Güter in Russland wird mit der Eisenbahn transportiert. Es ist relativ einfach, die Arbeit des Eisenbahnnetzes zu stören, und die Effektivität solcher Sabotageaktionen ist, was das Risiko einer Verhaftung angeht, viel höher als die Teilnahme an öffentlichen Protesten. Obwohl die Zahl solcher Aktionen zunimmt, sind sie noch nicht zu einem ernsthaften Hindernis für die Versorgung der Armee geworden.
Regionalismus, die dekoloniale Bewegung und separatistische Stimmungen
In der Russischen Föderation (RF) wird zunehmend über Regionalismus, nationale Politik, Ethnizität, Rassismus und Zwangsrussifizierung diskutiert.
Es gibt bereits eine Vielzahl ethnischer und regionaler Anti-Kriegs-Initiativen, die sich per se nicht mit dem russischen imperialen Projekt vereinbar sind.
Viele indigene Völker haben Antikriegserklärungen abgegeben, in denen sie sich von der russischen imperialen Position distanzieren.
Offene Daten zeigen, dass eine unverhältnismäßig große Zahl von Vertretern indigener und nicht-russischer Völker an die Front geschickt wird und unter russischer Herrschaft stirbt. Die Mobilmachung hat den Charakter einer ethnischen Säuberung angenommen, die die Traditionen des rassistischen und zynischen Umgangs mit der “menschlichen Ressource” kolonisierter Gebiete fortsetzt. Es besteht auch Grund zur Annahme, dass die russischen Behörden mit Hilfe der Mobilmachung begonnen haben, “Probleme” mit lästigen ethnischen Gruppen zu lösen, deren Loyalität angezweifelt wird, wie im Falle der Krimtataren.
Die “Widersprüchlichkeit” der Idee, für die “russische Welt” in einem scheinbar multiethnischen Land zu sterben, ist deutlicher denn je geworden.Image
Welche Formen die russische Staatlichkeit auch immer annimmt, man kann die Kontinuität ihrer Kolonialpolitik durch das Verschweigen und Auslöschen der Erinnerung an Eroberung, Versklavung, Zwangschristianisierung, stalinistischen Repressionen und Deportationen nachvollziehen. Der Einsatz ethnischer Minderheiten als Ressource in den Kriegen der Metropolen um neue Territorien wird von Aktivisten angegriffen, die dazu aufrufen, diese Politik nicht zu unterstützen und sich auf historische Parallelen berufen: einmal eroberte und unterdrückte Länder und Völker sollten nicht zu Komplizen neuer Eroberungen werden.
In Warschau und Prag fand das von der russischen Exilopposition und Vertretern nationaler Bewegungen organisierte Forum Freier Nationen des Post-Russlands (FNRF) statt. Dort wurde die Liga Freier Nationen (LFN) gegründet, um Ideen für eine neue Kartographie der RF auf der Grundlage unabhängiger Regionen und Republiken zu entwickeln, die in direkter Demokratie mit Selbstbestimmungsrecht regiert werden sollen.
Auf dem letzten, dem 4. FNRF-Kongress in Helsingborg wurde ein Memorandum zur “Beendigung der Russischen Föderation” unterzeichnet und die RF zum “bankrotten Staat” erklärt. Die Richtung dieser Überlegungen ist sicherlich ermutigend, die Kongressteilnehmer beschlossen jedoch im Weiteren, sich nur noch online zu treffen. Eine gängige Kritik an diesen Kongressen ist, dass die Erklärungen von Leuten von Positionen aus abgegeben werden, die sich nur in ihrer Imagination befinden, dass sie keine Legitimität oder Unterstützung von der Basis haben. Auf der anderen Seite kommt von der autoritären Linken die die Ideen der Desintegration der RF und ihre Aufteilung verurteilen, Kritik an Nationalisierung und an der Fetischisierung von Grenzen.
Im Gegensatz zu den Vorstellungen von ausufernden Kongressen und der Panik vor hypothetischen Ausbrüchen von Nationalismus in den Regionen haben wir gesehen, dass inmitten der Mobilmachung Netzwerke der Solidarität entstanden sind. Sie konzentrierten ihre Bemühungen auf die Rechtshilfe bei Wehrdienstverweigerung, den Grenzübertritt und die humanitäre Unterstützung. Die Verbindungen über nationale Grenzen hinweg wurden aktualisiert.
Nach der Ankündigung der Mobilmachung kam es in den Regionen der RF zu Protesten, zunächst bei Müttern aus Tschetschenien, der Republik Sacha und in den Dörfern von Dagestan, dann in der dagestanischen Hauptstadt Machatschkala. Unter dem Druck der Öffentlichkeit wurde die Mobilmachung in Tschetschenien für beendet erklärt und dann wieder aufgenommen. Vertreter von Sacha, Tywa und anderen ethnischen Gruppen haben Flugblätter und Sabotageaufrufe in einheimischen Sprachen verteilt, die darauf abzielen, logistische Infrastrukturen zu beschädigen und zu blockieren, um die Mobilmachung in den Regionen zu verhindern.
Die Mongolei half der sibirischen Bevölkerung, indem sie potenzielle Wehrpflichtige aufnahm, während Kasachstan die turksprachige Bevölkerung aktiv unterstützte, indem es Geflüchtete in Moscheen und anderen öffentlichen Räumen unterbrachte. Die kulturellen, religiösen und sprachlichen Bindungen dieser Gemeinschaften sind heute stärker und ausgeprägter, unabhängig von den Grenzen Russlands und seinem Zentrum, d. h. Moskau.
Als wichtig erachten wir auch das Entstehen radikal-separatistischer regionaler Kanäle, die anarchistische Praktiken unterstützen und zu direkten Aktionen und Anti-Kriegs-Sabotage aufrufen.
Diese Bewegungen können nicht ignoriert werden und sollten voll unterstützt werden. Aber wir können nicht erwarten, dass sie in der Lage sein werden, den Krieg zu stoppen.
Kann der Krieg durch Druck von außen gestoppt werden?
Internationale Diplomatie
Nach dem Beginn der Invasion hat Russland gezeigt, dass es sich nicht an internationale Vereinbarungen und das humanitäre Recht halten wird. Die RF hat militärische Schritte diplomatischen vorgezogen. Die extreme Medialisierung des Krieges hat es unmöglich gemacht, das Ausmaß der Kriegsverbrechen der russischen Armee und des Völkermords in der Ukraine zu verschleiern. Das Bekanntwerden neuer Tatsachen hat die russische Diplomatie nicht beeinträchtigt, sondern nur die Unfähigkeit der internationalen Institutionen offenbart, den Krieg zu verhindern und ihn im Prinzip in irgendeiner Weise zu beeinflussen.
Die gesamte russische Diplomatie läuft auf den Versuch hinaus, die Welt mit einer Nahrungsmittelkrise, der Möglichkeit eines Atomkriegs oder eines Unfalls in einem Kernkraftwerk oder einer Erhöhung der Strom- und Heizungspreise in Europa zu erpressen.
Es ist unmöglich, den Krieg allein mit diplomatischen Mitteln zu beenden.
Wirtschaftssanktionen und Abbruch der Wirtschaftsbeziehungen zu Russland
Die Russische Föderation war im Laufe ihrer Geschichte von verschiedenen Sanktionen betroffen.
Generell kann man sagen, dass nicht nur bis Ende der 2000er Jahre, sondern auch bis 2014 eine Entspannungsrhetorik vorherrschte und Sanktionen eher gelockert wurden, ohne dass sie sich entscheidend auf die russische Wirtschaft auswirkten. Erst mit dem Einmarsch in die Ukraine und der Annexion der Krim im Jahr 2014 wurden neue, strengere Sanktionen verhängt, einige Verträge gekündigt und die offene militärische Zusammenarbeit mit der RF eingeschränkt.
Neben dem militärisch-industriellen Komplex wurden Sanktionen gegen bestimmte Wirtschaftszweige, den Finanzsektor, bestimmte Unternehmen und Einzelpersonen verhängt.
Welchen Sinn haben die Sanktionen und sind sie wirksam?
Es scheint, als ob die Sanktionen dem Staat, gegen den sie verhängt werden, zeigen sollen, dass die missbilligten Handlungen in Zukunft unterlassen werden sollen. Solche Sanktionen werden nicht sofort verhängt, sondern schrittweise, so dass die Möglichkeit besteht, in einer bestimmten Phase “nachzubessern” und dabei Raum für Verhandlungen zu lassen. Im Falle Russlands funktioniert diese Logik nicht. Nach 2014 hat es keine größere Kehrtwende in der Politik Moskaus gegeben. Zwar wurden in einigen Bereichen taktische Zugeständnisse gemacht, aber insgesamt hat sich nichts geändert. Russland hat sich weiterhin auf eine noch größere militärische Expansion nach 2014 vorbereitet.
Theoretisch sollten sich die Sanktionen auch auf die Gesellschaft oder die sogenannten “Eliten” auswirken, indem sie den Status quo zerstören, die politische Lage destabilisieren und Druck auf die Entscheidungsträger des Landes ausüben. Das Problem ist, dass die russische Gesellschaft im Prinzip nicht sehr politisiert ist und nicht in der Lage war, genügend Ressourcen zu sammeln und Instrumente zu schaffen, um die Regierung zu beeinflussen. So etwas wie eine unabhängige und gut organisierte Elite gibt es in Russland nicht.
Vielleicht wäre das Bild anders, wenn die Sanktionen eine verheerendere und unmittelbarere Wirkung hätten. Bislang ist es der Regierung gelungen, die Illusion aufrechtzuerhalten, dass die Situation normal ist.
Die Kriegsführung erfordert unter anderem wirtschaftliche Ressourcen, Rüstungsgüter, ausgebildetes Militärpersonal und eine gut organisierte Versorgung und Logistik, die das militärische Potenzial ausmachen.
Die russischen Streitkräfte werden seit 2008 offiziell modernisiert, um sie zu verstärken und auf neue militärische Einsätze vorzubereiten. Dafür gibt es keine internen Ressourcen.
Der russische militärisch-industrielle Komplex ist in hohem Maße von westlicher Technologie abhängig. Dies gilt nicht nur für die Bereiche, in denen sowohl die UdSSR als auch Russland traditionell im Rückstand sind, vor allem die Mikroelektronik. Dies gilt auch für die Komponenten, die für die Modernisierung der sowjetischen Waffenmodelle benötigt werden und sogar für die Aufrechterhaltung der Produktionslinien in den Schwerindustrieanlagen. Russland produziert nicht nur nicht genügend hochwertige Maschinen und andere Ausrüstungen, sondern auch nicht genügend Verbrauchsmaterial für diese.
Die Sanktionen von 2014 haben die Zusammenarbeit mit Russland im militärisch-industriellen Komplex zwar nicht unmöglich gemacht, aber doch erheblich erschwert.
Die Sanktionen wurden unter anderem gegen den Rohstoffsektor der Wirtschaft verhängt. Sie haben diesen Sektor zwar nicht zerstört, aber seine Weiterentwicklung unmöglich gemacht, denn auch hier ist die RF in hohem Maße von westlichen Ausrüstungen und Spezialisten abhängig.
Und das ist das zurzeit wichtigste Ergebnis der Sanktionen – die Verringerung des militärischen Potenzials Russlands, seiner regulären Armee, seiner Söldner und anderer Sicherheitskräfte.
Es sind nicht nur die russische Regierung und die Unternehmen, die daran interessiert sind, die Sanktionen zu umgehen. Westliche Unternehmen sind, wie jedes kapitalistische Unternehmen, an Profiten interessiert und an nichts anderem. Nur erhöhte Risiken und Kosten durch den Druck von Politikern und Regierungen von oben oder Imageverlust durch Druck von unten können sie dazu bringen aufzuhören die russische Militärmaschinerie zu füttern. Sanktionen und Regierungsdekrete werden ohne öffentliche Kontrolle nicht funktionieren. Jedes Geschäft und jede Zusammenarbeit mit Russland muss so giftig wie möglich werden.
Die Rolle der westlichen Komponenten und die Stabilität der Produktionsketten
Der militärisch-industrielle Komplex hat sich schon immer ziviler Unternehmen bedient, um Sanktionen zu umgehen und die Lieferung von Komponenten, insbesondere von Dual-Use-Gütern, zu organisieren. Solche Ketten können und sollten sabotiert werden. Aber das wird den Trend nicht umkehren. Der russische militärisch-industrielle Komplex wird nach jeder Möglichkeit suchen Zugang zu Komponenten zu erhalten, auf die er dringend angewiesen ist. Zu diesem Zweck werden zivile Lieferkanäle genutzt und das geschieht auch bereits.
Der Fall des Mistral-Hubschrauberträgers könnte ein gutes Beispiel dafür sein. Frankreich hat den Bau praktisch abgeschlossen, aber die fertigen Schiffe nicht an Russland übergeben. Dies war ein recht bemerkenswerter und öffentlichkeitswirksamer Fall. Die Entscheidung, den Vertrag zu kündigen, wurde unter Druck getroffen, dem Frankreich lange Zeit widerstanden hat. Viele militärisch-industrielle Verträge, die vor 2014 geschlossen wurden, wurden abgeschlossen und in vielen anderen Fällen wurde die Zusammenarbeit fortgesetzt, als ob nichts geschehen wäre.
So beteiligten sich westliche Länder sowohl nach 2008 als auch nach 2014 an Programmen zur Umschulung von russischen Soldaten. Seit 2011 baut der deutsche Konzern Rheinmetall AG ein riesiges “Heereskampftrainingszentrum” – ein Ausbildungs- und Übungsgelände in Mulino: „Auf dem hochmodernen Übungsgelände könnten jährlich 30.000 Panzer- und motorisierte Infanteristen ausgebildet werden“ (Deutsche Welle). Deutsche Militärexperten schulten russische Soldaten und Offiziere in moderner Kriegstaktik und im Umgang mit neuartigem Gerät. Hier wurden die im August 2022 formierten Einheiten des Dritten Armeekorps ausgebildet, bevor sie in die Ukraine geschickt wurden. Auch die “grünen Männer”, die an der Annexion der Krim beteiligt waren, wurden hier ausgebildet. Einigen Beobachtern zufolge ist dies der einzige Ausbildungsplatz in Russland, der modernen Armeestandards entspricht.
Nach der Annexion der Krim untersagte die deutsche Regierung dem Konzern, den Auftrag zu Ende zu führen und “das Projekt zu 90 Prozent fertig zu stellen”. Rheinmetall zog sich zwar aus dem Projekt zurück, aber nur auf dem Papier. Das Projekt wurde von seinem russischen Partner „Garnizon“ fertiggestellt. Der Zufall wollte es, dass „Garnizon“ die gesamte fehlende Ausrüstung aus Deutschland importierte. Mit anderen Worten: Die Zusammenarbeit mit dem deutschen Rüstungskonzern wurde auch nach der Verhängung der Sanktionen fortgesetzt.
Darüber hinaus ist die kriegerische Infrastruktur untrennbar mit der zivilen Infrastruktur verbunden. Dies gilt insbesondere für die Logistik. Im Inland ist das wichtigste Transportmittel für Waren die Eisenbahn. Sie ist extrem anfällig für Sabotageakte und erfordert ständige Wartung und Erneuerung des rollenden Materials. All dies hängt von der Lieferung bestimmter Komponenten ab, die die russische Industrie nicht herstellen kann. Der Rückzug von nur zwei Unternehmen aus dem Markt hat bereits dazu geführt, dass bis zu 30 % aller Triebwagen in der Russischen Föderation nicht mehr reibungslos funktionieren und der Rest nicht mehr modernisiert werden kann. Dadurch wird die Geschwindigkeit des Transports durch das Land verringert und das Leben Tausender Menschen gerettet, deren Häuser nicht von Granaten bombardiert werden, die über die Eisenbahn an die Front geliefert werden.
Die einzige Möglichkeit, die Belieferung des russischen militärisch-industriellen Komplexes zu stoppen, wäre nicht nur die vollständige Verweigerung der Lieferung von “Gütern mit doppeltem Verwendungszweck” oder jeglicher Produkte, aus denen etwas auch nur potenziell Nützliches für den militärisch-industriellen Komplex gewonnen werden könnte, sondern im Idealfall ein vollständiger Abbruch der Wirtschaftsbeziehungen zur Russischen Föderation.
Können der militärisch-industrielle Komplex und andere Wirtschaftszweige in Russland voneinander getrennt werden? Ist eine vollständige Wirtschaftsblockade notwendig?
Das politische Regime in der Russischen Föderation stützt sich nicht in dem Maße auf kapitalistische und rechtliche Mechanismen, wie dies bei den meisten westlichen Regimen der Fall ist. In der Russischen Föderation gibt es nicht einmal in den 1990er Jahren einen Rechtsstaat, und das Putin-Regime schenkt der Simulation einer solchen Institution keine große Aufmerksamkeit mehr. Anstelle der Unverletzlichkeit des Privateigentums gibt es das Institut der Loyalität. Der Verlust von Vertrauen oder die mangelnde Bereitschaft mit den Mächtigen zu teilen kann zum Zusammenbruch oder zu EigentümerInnenwechsel in einem jeden Unternehmens führen. Infolgedessen gibt es in Russland kein bedeutendes Unternehmen, das vom Staat unabhängig ist. Selbst lokale IT-Spezialisten, landwirtschaftliche Betriebe oder große unabhängige Theater sind auf die eine oder andere Weise mit dem Staat verbunden und können jederzeit vollständig von staatlichen Strukturen übernommen werden.
Was wir fordern und warum
Ein vollständiger Boykott, Sanktionen und die Einstellung der Aktivitäten in Russland
Alle Mittel, die in die Russische Föderation fließen, unterstützen den Status quo, d. h. den Krieg. Dieser Fluss muss vollständig gestoppt werden. Alle wirtschaftlichen Verbindungen zu Russland müssen gekappt werden, unabhängig von den Gewinnen.
“Wir sind uns einig, dass die Sanktionen gegen Russland so schnell wie möglich verlängert werden müssen, bis Putin die russischen Streitkräfte aus der Ukraine abzieht. Es gibt jedoch die Meinung, dass ökonomischer Druck nicht dazu geeignet ist Russland zu beeinflussen. Die Internationale Arbeitsgruppe für Russland-Sanktionen ist grundsätzlich nicht dieser Meinung: Wir sind überzeugt, dass härtere Sanktionen, die den Abfluss von Einnahmen verhindern und die Kosten dieses Krieges erhöhen, kein Ersatz für militärische und humanitäre Hilfe, Diplomatie oder andere außenpolitische Instrumente sind, die separat diskutiert und angewandt werden müssen. Wir konzentrieren uns hier nur auf einen Aspekt der größeren internationalen Strategie, die notwendig ist, um diesen schrecklichen Krieg zu beenden.”
Nur ein vollständiges Embargo für russische Energieträger wird erhebliche Auswirkungen auf die russische Wirtschaft haben und Russland daran hindern, den Zugang zu Energieträgern und den Anstieg der Gaspreise zu manipulieren. Nur ein vollständiges Verbot von Ausrüstungslieferungen unter Ausschluss aller indirekten Lieferprogramme über Drittländer nach Russland wird den Zugang des russischen militärisch-industriellen Komplexes zu technischen Komponenten einschränken, die für die Rüstung unabdingbar sind.
Obwohl einige Teile der Gesellschaft keine klare politische Agenda haben, beteiligen sie sich an Initiativen zur Unterstützung von Geflüchteten und versuchen, sich an Antikriegsaktivitäten zu beteiligen. Aufständische Gruppen und Einzelpersonen sind im Lande aktiv. Die Unterstützung dieser Aktivitäten bringt nicht nur den Sieg der Ukraine und das Ende dieses Krieges näher, sondern gibt auch Hoffnung, dass revanchistische Tendenzen in der Russischen Föderation geschwächt werden können.
Öffentliche Positionierung zum Abzug von Unternehmen aus der Russischen Föderation
Die überwältigende Mehrheit der westlichen Marken zieht sich still und leise aus der Russischen Föderation zurück, offenbar ohne sich auf politische Diskussionen jeglicher Art einzulassen und mit der Absicht, auf den Markt zurückzukehren, sobald sich die Lage geändert hat. Dieses Schweigen unterstützt die Illusion der Normalität und stärkt das Regime, d.h. es unterstützt den Krieg. Wir sollten sie zwingen, sich so offen wie möglich gegen den Krieg und die wirtschaftliche Unterstützung der Russischen Föderation auszusprechen.
Proteste im Westen gegen die Zusammenarbeit des Kapitals mit Russland, Möglichkeiten zur Sabotage
Die wirtschaftliche und symbolische Macht konzentriert sich in den westlichen Metropolen. Nicht nur die Konzernzentralen, sondern auch die meisten Konsumenten sitzen im Westen. Deshalb sind die Proteste in diesem Fall umso wirkungsvoller, je näher sie an der Metropole liegen. Unter dem Druck von unten integrieren viele Marken das Image ethischen Konsums und ethischer Produktion in ihre PR. Man muss die Unternehmen dazu bringen, sich um ihr öffentliches Gesicht Gedanken zu machen.
AktivistInnen vor Ort haben eine große Chance, Lieferketten in der Russischen Föderation im kleinen Rahmen zu sabotieren und öffentliche, d.h. Propagandaaktivitäten von VertreterInnen der russischen Wirtschaft und erst recht des Staates, zu be- oder sogar zu verhindern. Einen großen Beitrag zur Beendigung des Krieges können die Gewerkschaften und andere Arbeitnehmerorganisationen in den Häfen, bei den Eisenbahnen und auf den Autobahnen leisten. Jegliche Geschäfte mit der RF müssen aufhören, rentabel zu sein. Wenn die Belieferung der RF und ihrer Unternehmen problematisch wird, wird der Krieg früher enden.
Zielsetzungen:
Diese Kampagne soll eine Debatte über die Verwischung der Grenzen zwischen zivilen und militärischen Technologien, Industrien und Kapitalien angestoßen werden. Wir brauchen mehr Transparenz über die Militarisierung.
Die offene Ausbildung von Militärspezialisten an zivilen Universitäten, die Auslagerung von militärischen Logistikaufgaben und Teilen der Produktionsketten in den zivilen oder privaten Sektor sowie die Militarisierung der Polizei und anderer öffentlicher Sicherheitsstrukturen sind keine neuen Trends, aber sie werden immer alarmierender. Die Militarisierung des Diskurses, der Bildung, der Produktion und sogar des Konsums verhindern jedwede Emanzipationsbestrebungen.
Um sich der öffentlichen Kontrolle zu entziehen, erklären Staaten zunehmend nicht nur zur Geheimsache, was den militärisch-industriellen Komplex anbelangt, sondern lagern auch Prozesse an private Unternehmen aus. Die Militarisierung findet zunehmend in einer klandestinen Form statt. Nicht nur die USA, sondern auch Russland setzen private Sicherheits- und Militärunternehmen in militärischen Konflikten ein. Zudem sind es private Sicherheits- und Militärunternehmen, die zur Hauptschlagkraft der Russischen Föderation (RF) im Krieg mit der Ukraine wurden. Dadurch wird das ohnehin schon schlecht funktionierende humanitäre Recht fast vollständig außer Kraft gesetzt und Kriege werden noch brutaler.
Mehr Sicherheit und das Potenzial für einen positiven sozialen Wandel in der Region und damit in der Welt.
Die RF fördert konservative Werte und Autoritarismus und behindert einen positiven gesellschaftlichen Wandel, wo immer sie kann. Neben dem Kaukasus, dem Nahen Osten und Zentralasien baut die RF ihre Präsenz in Nord- und Zentralafrika aus. Dabei stützt sie sich in erster Linie auf militärische Präsenz und militärische Unterstützung menschenverachtender Regime. Natürlich ist die RF damit nicht allein, aber je weniger militärische Fähigkeiten einer der Agenten des Imperialismus hat, desto mehr Möglichkeiten für positive soziale Veränderungen gibt es in der ganzen Welt.
Deutlichmachen der Unterschiede zwischen linken und anarchistischen Perspektiven. Kritik an der Vereinnahmung der Agenda durch rechte und liberale Populisten.
Die einzigen Politiker In Europa, die die RF unterstützen, sind offensichtlich rechte Menschenverächter und Stalinisten. Aber die aktive Unterstützung für die Ukraine in vielen Ländern ist auch mit konservativen Politikern verbunden, die das Thema nutzen, um politisches Kapital zu gewinnen und ihre Agenda voranzutreiben. Wir glauben, dass nur eine vollständige militärische Niederlage und Entmilitarisierung der RF den Krieg beenden und der Region Frieden bringen kann. Der Versuch, den Krieg und den Völkermord zu beenden, sollte nicht mit der Unterstützung von Konservativen und Militaristen einher gehen. Ganz im Gegenteil, dieses Feld sollte nicht den Konservativen und Populisten überlassen werden.
Distanzierung von autoritären Linken und Stalinisten, Entmythologisierung der UdSSR und den Mythen des Kalten Krieges.
Der russischen Propaganda und den autoritären Linken ist es gelungen, sich die antimilitaristische Agenda fast vollständig anzueignen. Antimilitarismus nenne sie das, was eine Verschiebung der Schuld auf die Opfer der Aggression und Unterstützung von Kriegsverbrechern und Autokraten bei der Zerschlagung jeglichen Ungehorsams ist. Vierzig Jahre sind seit dem Zusammenbruch der UdSSR und dem faktischen Ende des Kalten Krieges vergangen, und sie füttern uns immer noch mit denselben alten Mythen und pazifistischen Moralvorstellungen. Viele linke und sogar anarchistische Strukturen sind von diesem rotbraunen Schimmel befallen. Seine Giftigkeit beschränkt sich nicht nur auf pro-russische Aktivitäten, sondern geht oft mit einer Reihe anderer Probleme einher, die die Entwicklung unserer Bewegungen behindern.
Methoden:
– Organisation von öffentlichen Aktionen, Blockaden und Informationsveranstaltungen
– Sammeln und Verbreiten von Information über die Verbindungen zwischen lokalen Unternehmen und dem russischen militärisch-industriellen Komplex und darüber hinaus. Wir werden Daten über diese Verbindungen in jedem Land und länderübergreifend sammeln und veröffentlichen
– Sichtbarmachung der Präsenz des russischen Kapitals und der Beamtenschaft in Ihren Ländern. Besetzen Sie Villen russischer Bonzen, greifen Sie deren Eigentum an, blockieren Sie öffentliche Reden von Personen, die mit dem russischen Staat und Kapital verbunden sind. Vergessen Sie nicht, dass „Russia Today“ ein russischer Staatsfernsehsender ist.
– Verschließen Sie nicht die Augen davor, dass es nicht nur in der Rechten, sondern auch in der westlichen Linken genügend Leute gibt, die Putins und andere menschenverachtende Regime aktiv unterstützen. Die Diskussion darüber ist längst überfällig und wir sollten uns endlich von diesem rotbraunen Abschaum befreien
– Unterstützen Sie den ukrainischen Widerstand und die Geflüchteten direkt und durch Spenden und politische Aktionen.
Autor